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Wiedergutmachung im Staatsangehörigkeitsrecht

27.08.2021 - Artikel

Frühere Deutsche, denen die Staatsangehörigkeit zwischen 1933 und 1945 aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen wurde oder die im Zusammenhang mit diesen Gründen eine fremde Staatsangehörigkeit erworben haben, können die deutsche Staatsangehörigkeit wieder zurück erhalten.

Artikel 116 II Grundgesetz

„Frühere deutsche Staatsangehörige, welchen zwischen 30. Januar 1933 und 8. Mai 1945 ihre Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist und ihre Abkömmlinge, sind auf Antrag wieder einzubürgern.“

Bei den meisten Betroffenen der Ausbürgerungen handelte es sich um Deutsche jüdischen Glaubens und um Mitglieder der kommunistischen und sozialdemokratischen Parteien.

Situation zwischen 1933 und 1945

Zwei Regelungen führten zwischen 30.01.1933 und 08.05.1945 zu Ausbürgerungen:

  1. Durch das Gesetz vom 14.07.1933 zum „Widerruf von Einbürgerungen oder Aberkennung der Staatsangehörigkeit in Einzelfällen“ wurden einzelne Personen durch Veröffentlichung ihres Namens im Reichsgesetzblatt ausgebürgert („Einzelausbürgerung“).
  2. Die größere Gruppe war aber betroffen von der „Elften Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ vom 25.11.1941: Bestimmt wurde, dass eine Person jüdischen Glaubens, welche sich außerhalb Deutschlands befindet, nicht deutsch war („Sammelausbürgerung“) - davon waren alle jüdischen Deutschen betroffen, die in den Jahren zuvor aus Deutschland geflohen waren.

Wiedereinbürgerung nach Art. 116 II GG

Mit der Gründung der Bundesrepublik wurde schon 1949 im Grundgesetz bestimmt, dass alle betroffenen Personen und deren Nachkommen die deutsche Staatsangehörigkeit zurück erhalten können.

Voraussetzung ist allerdings, dass die Staatsangehörigkeit tatsächlich durch die oben genannten, politisch, religiös oder rassistisch motivierten Maßnahmen entzogen wurde.


Durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20.05.2020 – 2 BvR 2628/18 – wurde der Kreis der Anspruchsberechtigten aus Artikel 116 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) ausgeweitet. Als Abkömmlinge im staatsangehörigkeitsrechtlichen Sinne zählen ab sofort auch

  1. vor dem 01.04.1953 geborene eheliche Kinder zwangsausgebürgerter deutscher Mütter und ausländischer Väter
  2. vor dem 01.07.1993 geborene nichteheliche Kinder zwangsausgebürgerter deutscher Väter und ausländischer Mütter

Ein Rückgriff auf die bestehenden Einbürgerungsmöglichkeiten nach § 14 Staatsangehörigkeitsgesetz in Verbindung mit den Erlassen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 28.03.2012 und 30.08.2019 ist damit nicht mehr erforderlich.

Wenn Ihr früherer Einbürgerungsantrag nach Artikel 116 Absatz 2 Satz 1 GG nach der bisher geltenden Rechtsprechung in der Vergangenheit abgelehnt wurde, können sich jederzeit an die Auslandsvertretung wenden, um einen Neuantrag zu stellen. Dieser wird dann an das Bundesverwaltungsamt gesandt, wo er unter Zugrundelegung des oben genannten Beschlusses beschieden wird.

Kontaktieren Sie Ihre Auslandsvertretung für einen Termin zur Einreichung des Antrags.

Antrag

  • Der Antrag ist gebührenfrei.
  • Antragsformular:
    Wir bieten das folgende Formular an und empfehlen dessen Verwendung, da die dort abgefragten Informationen die Bearbeitung in Deutschland erleichtern und damit beschleunigen. Antragsformular

Notwendige Unterlagen:

  • Welche Dokumente benötigt werden, hängt davon ab, ob Sie selbst zur Erlebensgeneration gehören, d.h. Sie selbst sind emigriert und wurden ausgebürgert, oder ob Sie ein Nachfahre der betroffenen Person sind. Bitte lesen Sie die Informationen des Bundesverwaltungsamts zum Antragsverfahren und den benötigten Unterlagen

Ihr Antrag wird zur Bearbeitung zum Bundesverwaltungsamt weitergeleitet.

Datenschutzrechtliche Hinweise in Bezug auf die Verarbeitung Ihrer personenbezogenen Daten finden Sie hier.


Einbürgerung für NS-Verfolgte (die nicht von Art. 116 II GG erfasst werden) und ihre Abkömmlinge


Deutsche, die vor der nationalsozialistischen Verfolgung geflohen waren und eine ausländische Staatsangehörigkeit auf Antrag erworben hatten, bevor ihnen diese entzogen werden konnte, fallen nicht in den Anwendungsbereich von Art. 116 II Grundgesetz. Für ihre Abkömmlinge endete die Möglichkeit, eingebürgert zu werden, ursprünglich am 31.12.1970.

Durch das am 20.08.2021 in Kraft getretene Vierte Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes wurde ein neuer gesetzlicher Anspruch auf Wiedereinbürgerung für Personen geschaffen, die aufgrund von NS-Verfolgungsmaßnahmen die deutsche Staatsangehörigkeit verloren oder gar nicht erst erhalten haben, und die nicht bereits einen Anspruch nach Art. 116 Absatz 2 Grundgesetz besitzen (§ 15 StAG).

Einbürgerungsberechtigt nach § 15 StAG sind Personen, die im Zusammenhang mit Verfolgungsmaßnahmen aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen in der Zeit vom 30.01.1933 bis zum 08.05.1945 die deutsche Staatsangehörigkeit aufgegeben oder verloren haben oder nicht erwerben konnten:

  1. Personen, die die deutsche Staatsangehörigkeit vor dem 26.02.1955 aufgegeben oder verloren haben, z.B. durch Antragserwerb einer fremden Staatsangehörigkeit, Entlassung auf Antrag oder Eheschließung mit einem Ausländer
  2. Personen, die von einem gesetzlichen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Eheschließung, Legitimation oder Sammeleinbürgerung deutscher Volkszugehöriger ausgeschlossen waren
  3. Personen, die nach Antragstellung nicht eingebürgert worden sind oder allgemein von einer Einbürgerung, die bei Antragstellung sonst möglich gewesen wäre, ausgeschlossen waren oder
  4. Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland aufgegeben oder verloren haben, wenn dieser bereits vor dem 30.01.1933 oder bei Kindern auch nach diesem Zeitpunkt begründet worden war

Der Einbürgerungsanspruch besteht auch für die Abkömmlinge.

Ausführliche Informationen finden Sie auf der Webseite des Bundesverwaltungsamts.

Anträge aus Wiedergutmachungseinbürgerung die bereits vor Inkrafttreten des neuen § 15 des Staatsangehörigkeitsgesetzes, gemäß §14 StAG gestellt wurden, werden automatisch in Anträge gemäß § 15 StAG umgewandelt. Es ist nicht notwendig, dass ein neuer Antrag gestellt wird.


Antrag

  • Das Einbürgerungsverfahren ist gebührenfrei.
  • Erforderliche Unterlagen:
    Lesen Sie hierzu bitte das vom Bundesverwaltungsamt zur Verfügung gestellte Merkblatt, dem Sie Informationen zum Verfahren, den erforderlichen Unterlagen und zum Ausfüllen der Formulare entnehmen können.
  • Antragsformular
  • Kontaktieren Sie Ihre Auslandsvertretung für einen Termin zur Einreichung des Antrags.

Ihr Antrag wird zur Bearbeitung an das Bundesverwaltungsamt weitergeleitet.

Datenschutzrechtliche Hinweise in Bezug auf die Verarbeitung Ihrer personenbezogenen Daten finden Sie hier.

Weitere Informationen

Sie finden hier ausführliche Informationen zu den verschiedenen Möglichkeiten, die deutsche Staatsangehörigkeit automatisch zu bekommen.


Automatischer Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit

Sie möchten verbindlich klären, ob Sie deutsch sind? Oder Sie benötigen einen Staatsangehörigkeitsausweis als Bestätigung und Beweis dafür, dass Sie deutsch sind? Lesen Sie hier, was ein Staatsangehörigkeitsausweis ist und wie Sie einen Antrag stellen können.


Staatsangehörigkeitsausweis - Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit

Man kann unter bestimmten Voraussetzungen die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren. Hier finden Sie Informationen zu den Verlustgründen und wie Sie einen Verlust möglicherweise verhindern können.


Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit

Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts (StARModG) am 27.06.2024 tritt bei Erwerb einer anderen Staatsangehörigkeit kein Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit mehr ein.

Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit bei Erwerb einer ausländischen

Sie haben die deutsche Staatsangehörigkeit nicht automatisch bekommen, möchten aber deutsch werden?

Fast immer setzt eine Einbürgerung voraus, dass man in Deutschland lebt. Eine Einbürgerung aus dem Ausland ist nur in wenigen Ausnahmefällen möglich, über die Sie hier Informationen finden.


Einbürgerung und Erklärungserwerb

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